Publikum ist gekommen. Ich habe jedem Einzelnen die Hand gegeben und persönlich begrüßt.
Ich stelle mich vor das Publikum.
Ich frage, ob sich jemand im Raum traut, mir die Erlaubnis zu geben, dass ich ihn oder sie ab jetzt jederzeit fragen darf, was er oder sie gerade denkt. Ein Mann meldet sich. Ich frage ihn wie er heißt. Ich frage ihn was er gerade denkt.
Ich frage, ob sich jemand im Raum traut, sich neben mich zu stellen. Eine Frau traut sich und tritt neben mich. Ich frage, ob sie sich traut mit mir Händchen zu halten. Wir halten Händchen.
Ich frage ob sich jemand im Raum traut, die Augen zu schließen und sich von uns beiden berühren zu lassen. Ein Mann meldet sich. Er schließt die Augen. Ich frage die Frau, mit der ich Hand halte, ob sie sich traut zusammen mit mir den Mann zu berühren. Sie möchte nicht. Ich frage, ob sich jemand im Raum traut gemeinsam den Mann zu berühren. Eine andere Frau möchte. Wir berühren den Mann.
Ich frage die Frau mit der ich Händchen hielt, ob sie sich traut meine Brust anzufassen. Sie traut sich. Ich lade sie auch unter mein Kleid ein.
Ich frage die Frau, ob sie sich traut sich auch von mir ihre Brust anfassen und dann auch noch beschreiben zu lassen. Sie stimmt zu. Ich beschreibe wie sich ihre Brust anfühlt. Sie schwitzt.
Ich frage ob sich jemand traut, jetzt an meinen Händen zu riechen. Der Mann der sich bereit erklärt hatte, dass ich ihn jederzeit fragen darf, was er gerade denkt, meldet sich. Ich lasse ihn an meinen Händen riechen. Ich frage ihn, was er gerade denkt. Er antwortet.
Ich frage ob sich jemand im Raum traut, in meiner Tasche zu wühlen. Keiner möchte.
Ich frage ob sich jemand traut, mir sein oder ihr Telefon auszuleihen, damit ich jemanden anrufen könne. Niemand ragiert.
Ich frage ob sich jemand traut, mein Telefon zu nehmen und meinen Vater anzurufen und zu erzählen, was ich gerade mache. Niemand mag.
Ich frage ob sich jemand traut, mein Handy zu nehmen und meine Mutter anzurufen und ihr zu erzählen, was ich gerade mache. Eine Frau macht das.
Ich frage ob sich jemand traut, sich mir gegenüberzustellen und mir in die Augen zu blicken. Ein Mann kommt zu mir und schaut mir in die Augen. Ich frage ob er sich traut, mit mir zusammen zeitgleich zu singen. Wir singen ein romantisches Lied. Ich frage ob er sich traut, gleichzeitig jetzt auch noch mit mir zu tanzen. Wir tanzen singend.
Ich frage ob sich jemand traut, mit mir für eine Zeit lang Portmonaies zu tauschen. Ein Mann traut sich und wir tauschen unsere Portmonaies.
Ich frage ob sich jemand traut, mit mir Kleidung zu tauschen. Eine Frau kommt zu mir und wir tauschen unsere Kleider. Ich frage sie, ob sie sich jetzt auch traut, mit mir eine Zeit lang die Rollen zu tauschen. Sie traut sich und performt eine Zeit lang an meiner Stelle, bis sie nicht mehr will. Danach tauschen wir wieder die Kleider und die Rollen.
Ich frage, ob sich jemand, traut aufzustehen und mich zu küssen? Niemand traut sich.
Ich frage, ob sich jemand traut mich zu küssen, wenn ich die Augen schließe? Und ich schließe die Augen. Jemand küsst mich. Ich weiß nicht wer.
Ich frage, ob sich jemand traut, mich auch mit Zunge zu küssen wenn ich die Augen schließe. Und ich schließe die Augen. Jemand küsst mich mit Zunge. Ich weiß nicht wer.
Ich frage, ob sich jemand traut, sich von mir waschen zu lassen. Niemand reagiert.
Ich frage, ob sich jemand traut, mir eine Zeit lang seinen Wohnungsschlüssel zu geben und mich alleine in seine oder ihre Wohnung zu lassen. Der Mann mit welchem ich bereits mein Portmonaie tauschte, meldet sich. Er gibt mir seinen Haustürschlüssel und eine Beschreibung wie ich zu seiner Wohnung gelange. Ich verlasse den Ort der Aufführung, durchquere die Stadt, gehe in die fremde Wohnung und nehme dort ein Bad.
Gezeigt auf dem „brink_ Ereignis zwischen Kunst und Wissenschaft“ in Wuppertal zum Thema „Was ist ein Sprung?“ (2012)