there is so much more

Die Performance there is so much more basiert auf einem System, das von Julia Dick in Zusammenarbeit mit den Performerinnen Sina Dunker, Mayte Kappel Roviera, Elisabeth Lindig, Cigdem Ücüncü und Elizabeth Wurst entwickelt wurde.

Die Gruppe beschäftigte sich vorweg mit den eigenen anerzogenen und erlernten Verhaltensregeln, den persönlichen Grenzen und potentiell sie interessierende Grenzüberschreitungen und Handlungsmöglichkeiten. Jede Performerin nimmt sich für die Aufführungen vor zum ersten Mal eine eigene Grenzen zu übertreten, so dass jedes stattfindende Ereignis einzigartig ist und im Nachhinein nicht wiederholt werden kann. Die Performance ist nicht von vornherein festgelegt. Sie funktioniert innerhalb eines Regelwerkes und ist im Verlauf offen. Die Aktionen, die stattfinden, ergeben sich aus dem kollektiven Brainstorming und sind daher improvisiert.

In den ersten beiden öffentlichen Performances 2010, die im Rahmen der Ausstellung „Voliá c’est ca. Meisterschüler stellen aus“ an der Kunsthochschule Braunschweig stattfanden, generierte das System einen Abgleich von Möglichkeiten des Regelbruchs, die verbal und fiktiv blieben, sowie Vorschläge für Aktionen, die tatsächlich ausgeführt wurden und auch einen Abgleich von Reflexionen über Regeln, Konventionen und persönliche Themen, die Menschen ablenken oder motivieren, bestimmte regelverletzende Aktionen zu machen.

Obwohl die Performance im White Cube stattfindet, bezieht sie sich auf den jeweiligen Kontext, in dem sie stattfindet, und bezieht diesen somit mit ein – zum einen verbal. Und aktiv auf der anderen Seite – sobald die Akteure den Ausstellungsraum verlassen, um ihre Aktionen auch in der unmittelbaren Umgebung auszuführen. Diese Arbeit ist stark kontextbezogen und lebt von den Möglichkeiten und Grenzen, die um sie herum bestehen.

Das Setting vor der Performance.

Das Setting während der Performance.

Die Performerinnen protokollieren ihre reale Taten auf einer endlosen Papierrolle mittels einer Schreibmaschine.

Mayte Kappel beginnt einen Schrei-Wettbewerb mit einer Person aus dem Publikum.

Cigdem Ücüncü läd spontan Hubertus von Amelunxen ein, mit ihr über den Stellenwert von Performancekunst in unserer Zeit zu sprechen.

Elizabeth Wurst hält den Schlüssel in der Hand, mit der sie das Publikum und die Performerinnen im Raum der Performance eingeschlossen hat.

Elisabeth Lindig versteckt den Schlüssel für den verschlossenen Ausstellungsraum in ihrem Intimbereich, verbunden mit der Aufforderung an das Publikum, diesen wieder heraus zu holen, um den Raum verlassen zu können.

Sina Dunker beichtet in der Öffentlichkeit ihre Sünden.

Ein Jahr später, 2011, reist die Gruppe gemeinsam nach Istanbul, um auf dem Aradafestival die Performance im geändertem Setting und mit leicht veränderten Regeln wieder aufzunehmen. Elisabeth Wurst und Sina Dunker kommen nicht mit. Anstattdessen entscheidet sich Julia Dick mit den Anderen zusammen zu performen:

Die Performenden ziehen sich Bärenkostüme an.

Sie positionieren ein drehbares Mikrofon, zwischen ihnen und dem Publikum. Auch das Publikum ist eingeladen, dieses zu benutzen und Ideen über mögliche Transgressionen zu brainstormen.

Sie brainstormen mit der Form: „Who dares to…“ über mögliche Grenzüberschreitungen. Wer etwas ausprobieren mag, meldet sich. Das Licht wechselt dann sofort in den Performancemodus und wird rötlich.

Elsa schließt eine Person, die gearde ins Nebenzimmer gegangen ist ein. Sie gibt den Schlüssel ans Publikum

Die vier Performerinnen tanzen einen dummen, unterhaltsamen Musicaltanz im loop…

…bis eine Zuschauerin die Tür wieder aufschließt und die eingesperrte Person herauslässt.

Julia tanzt den dummen Musicaltanz nocheinmal nackt, zusammen mit einer Person aus dem Publikum, die sich dazu bereit erklärt hat.

Mayte gesteht ihre Vorurteile gegenüber Türken. Sie wählt Cigdem als ihr Gegenüber.

Mayte gesteht ihre Kritikpunkte an der Performance und dessen bisherigem Verlauf.

Elsa umarmt eine Person aus dem Publikum sechs Minuten lang.

Julia steigt mit einer Person aus dem Publikum gemeinsam in ihr Kostüm für 6 Minuten. Als es anstrengend und zu heiß wird, unterstützen die andere mit einem Ventilator, die vorgenommenen 6 Minuten durchzuhalten.

Cigdem schleicht sich an die Kühltrue des Kiosks vor der Haustüre an. Sie klaut Eis, während das Publikum sie vom Fenster aus beobachtet. Sie verteilt das Eis an alle Anwesenden. Der Kurator des Festivals schickt sofort jemanden los, um das Eis zu bezahlen.

Gemeinsam ziehen alle Performenden und ihr Publikum los, die Performance weiterzuführen im öffentlichen Raum.

Elsa und Mayte setzen sich an besetzte Tische eines Restaurants und fragen ob sie mitessen dürfen.

Mayte fragt öffentlich nach, ob es eine Person gäbe, die sich traut, sie zu küssen. Sie findet jemanden.

Cigdem kehrt ihre Emotionen nach aussen, auf der Mauer vor dem Galatatower stehend, singend…

…vor den vielen Menschen die sich damals allabendlich auf dem Platz zwischen Mauer und Turm versammelten. Die Performance endet hier.

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